Wien: Metropole und Weinhauptstadt

Wien: Metropole und Weinhauptstadt

Wie kann eine Großstadt, vor allem eine Hauptstadt authentisch bleiben? Frag mal Wien! In der österreichischen Hauptstadt dient die Geschichte nicht nur als Ausstellungsthema, Traditionen werden erlebt und in die Kulissen des 21. Jahrhunderts gebettet. Hier muss man nicht zwischen den Wolkenkratzern einer Metropole und der beruhigenden Atmosphäre eines Weingartens wählen; in Wien sind dies zwei ausgezeichnete Mitbewohner der Stadt. Die Innenstadt ist von dem city-fever erobert und mit einer nur 20-minütigen Öffi-Fahrt befindet man sich inmitten der wiener Weingärten. Wer hat aber gesagt, dass Weingärten nur am Stadtrand liegen dürfen? Der letzte Weingarten der Innenstadt befindet sich in der Nähe des imposanten Palais Erzherzog Viktor am Schwarzenbergplatz. Die ca. 70 Rebstöcke sind im Besitz des renommierten Weinguts Mayer am Pfarrplatz und die Weine werden jedes Jahr für einen guten Zweck versteigert. Dass der Weinbau nicht nur als Touristenattraktion in Wien ist, beweisen die 138 aktiven Betriebe mit ständig steigender Qualität und Vielseitigkeit in den Flaschen. Obwohl der Wiener Gemischter Satz ein eigener Begriff auf dem Weinmarkt geworden ist, werden auch etliche weitere Rebsorten, wie zum Beispiel Riesling oder weiße Burgundersorten kultiviert.

Die lange Geschichte des Weins in Wien

Der Weinbau in Wien ist genauso alt wie die Stadt selbst. Als die Römer die heutige Innenstadt als Teil Pannoniens eroberten und rund um das Gebiet Lagermauer bauten, begonnen sie auch mit der Rebenkultivierung. Die Lagen haben ihre Tauglichkeit als Weingebiet so gut bewiesen, dass seitdem Weinbau auf dem Gebiet mit unterschiedlicher Intensität immer existierte und existiert. Ähnlich wie im Weinviertel haben die Wiener Bürger, im 14. und 15. Jahrhundert, das Privileg des Weingartenbesitzrechts genossen. Dadurch hat sich der Wiener Wein schon im späten Mittelalter zu einem bedeutenden Exportmittel des Gebiets entwickelt. Die Wiener Weinwirtschaft erlebte ihre Blütezeit. Man konnte kaum Einwohner finden, die keinen Weingarten im Besitz hatten. Die Stadträte haben schnell die Wichtigkeit der Rahmenbedingungen erkannt und die Wiener Winzer mussten schon im Mittelalter bestimmte Regelungen im Weinbau einhalten. Gemäß diesen Vorschriften musste die Lese vor dem 11. November fertig sein und das Lesegut noch vor Ort gepresst werden. Der Vormarsch des Weinbaus in Wien dauerte bis Ende des 17. Jahrhunderts an, als die Weinwirtschaft etwas zum Erliegen kam. Einerseits wurden wichtigste Transportwege umgesetzt, damit ausländischen Händler ihre Waren nicht in Wien zum Verkauf anbieten müssen (das Stapelrecht hat vorgeschrieben, dass alle Waren, die durch Wien transportiert werden, den Wiener Händlern zum Ankauf angeboten werden müssen). Andererseits hat die Stadt als Wohngebiet immer mehr Platz von den Weingärten verlangt, damit Wohnhäuser und Infrastruktur ausgebaut werden konnten. Nach den herausfordernden Zeiten des 17. und 18. Jahrhunderts hat die Stadt erst im 20. Jahrhundert als Weinbaugebiet wieder an Bedeutung gewonnen. Seitdem entwickelt sich der Weinbau in der österreichischen Hauptstadt prächtig. Der Wiener gemischter Satz ist ein weltweit bekanntes Aushängeschild der Stadt Wien geworden und die 580 ha. Rebfläche werden seit 2015 von einem Landesgesetz geschützt. Gemäß der Verordnung müssen die bestehenden Weingärten bewirtschaftet werden und bei einer eventuellen Rodung durch den Eigentümer oder Bewirtschafter, muss das Gelände innerhalb von 8 Jahren wieder bepflanzt werden. Dieses Gesetz nimmt die Wiener Weingärten unter Denkmalschutz und sorgt dafür, dass diese nicht verbaut werden können.
Statistik zu dem Weinbau in Wien

Gemischter Satz: Ein Wiener Original

Die Wurzeln der Rebstöcke, die als Basis für den Wiener Gemischter Satz dienen, wachsen nicht nur im Boden weit nach unten, sondern greifen auch in der Geschichte Jahrhunderte zurück. In den frühen Zeiten des Weinbaus war es üblich verschiedene Rebsorten mit unterschiedlichem Säuregehalt und Reifezeitpunkt gemeinsam zu pflanzen, um den Geschmack zu optimieren und das Ausfallrisiko zu minimieren. Die Winzer haben also schon im 16. & 17. Jahrhundert gemischten Satz gekeltert und konnten dadurch jedes Jahr zuverlässig, einen geschmacklich guten Wein in finanziell akzeptablen Menge auf den Markt bringen. Warum wurde dann auf die sortenreine Bepflanzung umgestellt? Neben den oben genannten Schwierigkeiten haben die Winzer am Endes 19. Jahrhunderts auch mit der Reblaus kämpfen müssen. Dieses kleine, aus den USA in Europa eingetragene Insekt hat die Wurzeln der Rebstöcke attackiert und dadurch die Ernährung der Pflanzen unmöglich gemacht und diese zerstört. Als die Lösung durch Veredlung von europäischen Sorten mit amerikanischen Wurzeln gefunden wurde, waren die Wiener Weingärten schon nahezu vernichtet. Die Winzer mussten sich entscheiden, welche Rebsorten Platz in den neuen Weingärten bekommen. Sie wollten sich auf einzelne Sorten konzentrieren und diese mit Spitzenqualität vermarkten. Der gemischter Satz war kaum mehr zu kaufen bis einige passionierte Winzer aus der Region die Bedeutung dieser Weine erkannten und die noch bestehenden Weingärten in ihre Obhut genommen haben. Seitdem arbeiten die Wiener Winzer alleine und in Vereinen, wie die sechs Weingüter im Verein Wiener Wein, an der Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des internationalen Rufs des Wiener Gemischten Satzes.


Die Qualitätsstufen des Wiener Weins

Seit dem Jahr 2013 wird der Wiener Gemischte Satz nicht nur als Eigeninitiative der Winzer geschützt, sondern genießt die geschützte Ursprungsbezeichnung des DAC. Um die DAC-Bezeichnung für die Vermarktung zu erwerben, haben sich die Wiener Weinproduzenten auf die wichtigsten Merkmale des Weines einigen müssen. So ist es heute festgelegt, dass das Traubenmaterial für den gemischten Satz ausschließlich aus Wiener Weingärten stammen darf. Dieser muss mindestens drei verschiedene Weißweinsorten beinhalten, die im selben Weingarten wachsen und zum selben Zeitpunkt geerntet werden müssen. Dementsprechend werden die Trauben gemeinsam gepresst und ausgebaut. Außerdem darf der Anteil einer Sorte nicht höher als 50 % oder weniger als 10 % sein. Unter dem Wiener Gemischter Satz DAC lassen sich zwei Qualitätsstufen unterscheiden:
  • Wiener Gemischter Satz DAC: Trocken ausgebauter Wein ohne Holzeinfluss mit maximal 12,5 % Alkoholgehalt.
  • Wiener Gemischter Satz DAC mit Riedenbezeichnung: Der Wein stammt aus einer kleineren geografischen Einheit – Ried – aus Wien. Der Wein muss nicht unbedingt trocken ausgebaut werden und darf erst ab dem 1. März des folgenden Jahres auf den Markt gebracht werden.

Wo befinden sich die Weingärten in Wien?

Es ist ziemlich ungewohnt, dass die Hauptstadt eines Landes auch als Weinbaugebiet deklariert ist. Wien hat nicht nur das geschafft, sondern ist mit 12 Weinbauorten innerhalb der Satdtgrenzen zu einem Paradebeispiel dafür geworden, wie man Traditionen mit Modernität verknüpfen kann. Wie vorher schon erwähnt, einige Rebstöcke wachsen zwar in der Innenstadt, die meisten Weingärten haben jedoch den Stadtrand erobert und bilden somit eine grüne Krone rund um die Stadt. Der Großteil der Reben befindet sich an der nördlichen, – nordwestlichen Grenze von Wien. Vereinzelt findet man Weinbauorte im Südwesten und Süden, wie zum Beispiel Mauer oder Oberlaa. Die typischen Rebsorten in den Wiener Weingärten sind Grüner Veltliner, Welschriesling, Weißburgunder und Chardonnay. Für den gemischten Satz werden aber gerne auch aromatische Rebsorten wie Gelber Muskateller, Sauvignon Blanc oder Traminer verwendet. In dem breiten Repertoire der Stadt fehlen aber natürlich auch die roten Sorten nicht. Wiener Rotweine werden vor allem in den südlichen Weinbauorten, Mauer und Oberlaa gekeltert. Hier kommen nicht nur leichte, fruchtige Aromen in die Flaschen; körperliche, ausdrucksstarke Merlots, Syrahs und Cabernet Sauvignons haben auch ihren Platz gefunden.


Alle Weinbauorte in Wien

  • Oberlaa: Ein richtiger Geheimtipp, wenn es um Wiener Wein geht. Auch die Einwohner der Stadt vergessen gerne das Weingebiet beim Laaer Berg. Hier kann man sich mit einem Glas Rotwein richtig entspannen.
  • Mauer: Die nächste Fundstelle für ausgezeichnete Rotweine. Elegante Pinot Noirs und Cabernet Franks werden in den Buschenschänken angeboten. Wenn man als Tourist/In den richtigen Wiener Charme erleben möchte, kehrt man am besten in einem Heurigen in Mauer ein.
  • Ottakring: Rebstöcke und Heurige sind hier zwar etwas spärlicher, aber mit der 10er Marie verfügt Ottakring über das älteste Heurigenlokal Wiens und ist eine echte Touristenattraktion.
  • Dornbach: Der zentralste Weingarten des Wiener Weingebiets. Hier kann man sogar mit einer Straßenbahn an einem Weingarten vorbeifahren.
  • Neustift am Walde mit Salmannsdorf: Hier fühlen sich nicht nur die Wienerinnen und Wiener sehr wohl, sondern auch die Reben. Dank der vielen Sonnenstunden produzieren sie elegante und runde Weine.
  • Sievering: Vielfalt an Sorten und Böden. Von den leichten, spritzigen bis zu den runden, körperlichen Weinen findet man hier alles was das Herz begehrt.
  • Grinzing: Einer von den bekanntesten Wiener Weinbauorten. Die Beliebtheit bei den Touristen kann man neben den hervorragenden Weinen auch mit dem vielseitigen kulinarischen Angebot begründen. Grinzing und der Wein ist auch oft schon die Muse von wiener Liedermachern gewesen.
  • Nußdorf und Heiligenstadt: Wien pur! Schenkt man ein Glas gemischter Satz oder Grünen Veltliner vom Nußberg ein, kann man Wien schmecken.
  • Kahlenbergdorf: Das Dorf befindet sich am Donauufer und ist mit den Weingärten am Nußberg verbunden.
  • Jedlersdorf: Man kommt wegen der berühmten Weißweine, geht aber mit ein paar Flaschen ausgezeichneter Rotweine.
  • Strebersdorf: Die niederösterreichischen Kellergassen setzen sich in Strebersdorf fort. Neben dem Grünen Veltliner wachsen hier Burgundersorten in großen Mengen.
  • Stammersdorf: Die kleinen traditionellen Buschenschänke bieten perfekte Möglichkeit, die Wiener Weintradition körpernah zu erleben und hervorragende einheimische Weine zu probieren.
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Klima und Böden in Wien

Wien besticht durch vielseitige Böden

Egal, ob es um die Hauptstadt oder um das Weinbaugebiet geht, Wien kann in beiden Fällen durch Vielseitigkeit bestechen. Zu dem abwechslungsreichen Bild im Weinbau trägt die Diversität in der Bodenstruktur enorm bei. Am nordwestlichen Teil des Wiener Weingebiets herrscht ein kalkhaltiger, sandiger Boden vor, welcher besonders für Burgundersorten vorteilhaft ist. Weiter Richtung Norden und Nordosten finden wir die berühmtesten Lagen Wiens. Es ist kein Zufall, dass die Winzer hier knackige, fruchtige und extraktreiche Weißweine produzieren können. Der meist sandige Boden verfügt über einen hohen Mineralgehalt aufgrund der Sedimente, die im Wiener Becken vom Urmeer zurückgeblieben sind. Im Bereich Stammersdorf finden wir sogar Terrassenlagen, deren Bodenstruktur aus Lehm und kieselhaltigen Sedimenten des Urmeeres bestehen. Im Süden nutzen die Weinbauern nicht nur die hohe Anzahl an Sonnenstunden, sondern den dunklen nährstoffreichen Boden für die Rotweinproduktion aus. In der Region von Mauer und Oberlaa findet man perfekte Bedingungen für geschmeidige Rotweine und elegante sowie runde Weißweine.

Ein Klima, dass die Reben lieben

Um die Mindestanforderungen für den Weinbau sicherzustellen, benötigt ein Gebiet eine mittlere Jahrestemperatur von mindestens 9 °C und eine minimale Niederschlagsmenge von 500 mm pro Jahr. Weitere ausschlaggebende Faktoren sind die Anzahl an Sonnenstunden, welche nicht weniger als 1300 Stunden pro Jahr sein dürfen und die Sicherstellung einer Vegetationsperiode von mehr als 180 Tagen. Unter Vegetationsperiode versteht man den Zeitraum, in dem die Rebstöcke an der Schaffung ihrer Beeren arbeiten können. In den österreichischen Weinbaugebieten -inklusive der Hauptstadt – sorgt für die Erfüllung dieser Anforderungen das milde pannonische Klima. Obwohl das pannonische Klima, im Vergleich zum atlantischen Klima, durch wenig Niederschlag gekennzeichnet ist, bekommen die Wiener Rebstöcke mit mehr als 700 mm pro Jahr genug Flüssigkeit um wachsen zu können. Besonders vorteilhaft ist die Verteilung von Niederschlag im Frühjahr. In der Regel ist der Februar der niederschlagsärmste Monat und erst ab März kommt mehr Regen in die Region. Dies ist genau derselbe Zeitpunkt, wenn die Rebstöcke langsam aus ihrem Winterschlaf aufwachen und im Boden durstig nach Nährstoffen suchen. Die größten Mengen an Sonnenstunden erreichen das Wiener Weinbaugebiet in den Sommermonaten mit den Höchstwerten von über 300 Stunden pro Monat. Die südlich liegende Orte, wie Mauer und Oberlaa genießen mehr vom Sonnenschein als die nördlichen oder nordöstlichen Gebiete und sind unter anderem dadurch ideal für die Rotweinproduktion.
Weine aus der Metropole Wien

FAQs zum Wiener Wein


  1. Was ist der Unterschied zwischen dem Wiener Gemischten Satz und einem Cuvee? Beides sind Weine, die verschiedene Rebsorten enthalten. Im Fall des Wiener Gemischten Satzes wachsen die Trauben schon in den Weingärten gemeinsam und werden zum selben Zeitpunkt geerntet, gepresst und ausgebaut. Demgegenüber sind die Cuvees Ergebnisse eines Verschneidens von unterschiedlichen Weinen. Die üblichste Methode bei der Cuvéetierung ist, dass die Winzer nach der Gärung die fertigen Weine durchprobiert und bestimmt welche Fässer sich gut ergänzen und seine Vision von dem perfekten Wein vertreten können. Als Ergebnis werden die Anteile von den einzelnen Weinen bestimmt und miteinander gemischt. Die Cuvéetierung passiert in der Regel nicht direkt vor der Abfüllung, sondern mindestens einige Monate vorher, damit die unterschiedlichen Geschmackskomponenten zusammen reifen können. Beim Wiener Gemischten Satz hat der Winzer nicht so viel Spielraum, da die Sorten und Anteile schon im Weingarten – oder sogar bei der Pflanzung festgelegt werden.
  2. Wo liegt das Wiener Weingebiet? Die Weingärten bilden einen natürlichen Zaun am nordwestlichen Grenzgebiet der Stadt. Angefangen im 17. Gemeindebezirk Hernals bis zu dem 21. Bezirk, Floridsdorf befinden sich die meisten Rebstöcke in Wien. Außerdem findet man vereinzelte Weininseln in den Stadtteilen Mauer und Oberlaa in den südlichen Grenzbezirken der Stadt.
  3. Wie heißen die Weinlokale in Wien? Die Stadt und vor allem die Bewohner sind extrem stolz auf ihre einzigartige Heurigenkultur. Dieser Stolz wurde 2019 endgültig bestätigt, als sie auf der Liste der immateriellen Kulturerben von der UNESCO aufgenommen wurde. Die Geschichte von diesen kleinen Gaststätte geht bis zu dem mittelalterlichen Recht des Leitgebens zurück. Das Gesetz hat den Besitzern der Weingärten ermöglicht, ihren Wein und selbstgemachte Kleinigkeiten an ihre Gäste zu verkaufen. Und die Heurigen sind diesem Brauch bis heute treu geblieben und bieten den Einkehrenden die Weine des Hauses mit traditionellen Schmankerln an.
  4. Gemischter Satz – Rot oder Weiß? Zwar denken wir alle automatisch an hellgelbe, strohfarbene Weine, wenn wir das Wort “Gemischter Satz” hören. Bewegt man sich aber mit offenen Augen durch die Weinwelt, kann man eine ganze Farbpalette an gemischten Sätzen entdecken. Ursprünglich waren keine Vorschriften für die Farben gegeben. Die unterschiedlichen Rebstöcke wurden in einem Weingarten gepflanzt, die Winzer haben die Farben öfters erst kurz vor der Lese erfahren – und dann kann man nicht viel ändern. Heutzutage sind die Weinbauern viel bewusster, verwenden aber immer noch gerne auch rote Sorten für den gemischten Satz. Diese werden teilweise separat – also nur rote Sorten – gepflanzt und ausgebaut oder gemeinsam mit weißen Kollegen. Außerdem lassen sich auf dem Markt Rosé,- und orangefarbene Weine finden.
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